Reform des Mietspiegelrechts: Mindeststandards und Auskunftspflicht

von Gregor Murek, 19. Oktober 2021

Mietspiegel sind in Deutschland ein gesetzliches Instrument für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und dienen Vermietern als Begründungsmittel für Mieterhöhungen in laufenden Mietverhältnissen. Auch beim Abschluss neuer Mietverträge im Geltungsbereich der Mietpreisbremse stellen sie eine wichtige Referenz dar. Umgekehrt können Mieter mithilfe eines Mietspiegels prüfen, ob die erhöhte bzw. aufgerufene Miete tatsächlich berechtigt ist.

Vor diesem Hintergrund müssen Mietspiegel zuverlässig und aussagekräftig sein und den Wohnungsmarkt realistisch abbilden. Über die Güte von Mietspiegeln gibt es jedoch in letzter Vergangenheit vermehrt Streit zwischen Mietern und Vermietern und letztlich auch gerichtlichen Zweifel. Die Kernfrage ist immer wieder, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde und hinreichend valide zur Begründung einer Mieterhöhung bzw. zur Bestimmung der zulässigen Miete bei Wiedervermietung ist.

Um dieses Streitpotenzial zu mindern, haben Bundestag und Bundesrat Mitte 2021 das Gesetz über die Reform des Mietspiegelrechts beschlossen. Es tritt zum 01.07.2022 in Kraft und bezweckt durch bestimmte Mindestanforderungen an Mietspiegel sowie eine Auskunftspflicht die Erhöhung der Qualität und Rechtssicherheit. Außerdem soll es eine räumliche Verbreitung von Mietspiegeln bewirken.

Das Gesetz sieht künftig Mietspiegel für alle Städte und Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern vor. Für die Erstellung sind die nach Landesrecht zuständigen Behörden verantwortlich. Gebietskörperschaften der genannten Größe ohne Mietspiegel haben bis spätestens 01.01.2023 Zeit, einen Mietspiegel zu erstellen und zu veröffentlichen. Für die Erarbeitung eines qualifizierten Mietspiegels gilt eine verlängerte Übergangsfrist bis zum 01.01.2024. Dabei ist es den verpflichteten Kommunen freigestellt, ob sie die ortübliche Vergleichsmiete mittels eines einfachen oder qualifizierten Mietspiegels offenlegen. Insofern wird es auch weiterhin zwei Arten von Mietpreisübersichten geben.

Neben einem populationsbasierten Größenkriterium werden mit der Mietspiegelrechtsreform einheitliche Mindeststandards zur Mietspiegelerstellung eingeführt, wobei die Anforderungen an einfache Mietspiegel niederschwelliger sind. Entsprechen Mietspiegel den gesetzlichen Vorgaben, wird juristisch angenommen, dass sie nach wissenschaftlichen Maßstäben erstellt wurden. Selbiges wird vermutet, wenn sowohl die zuständigen Behörden als auch die Interessensvertreter der Mieter und Vermieter einen Mietspiegel als qualifiziert anerkannt haben. Unter diesen Voraussetzungen sollen Mietspiegel nicht mehr ohne Weiteres von Gerichten angezweifelt werden können.

Eine weitere Neuerung im Mietspiegelrecht ist die Auskunftspflicht von Mietern und Vermietern. Sie müssen demnächst auf Verlangen zwingend Informationen über ihr Mietverhältnis und die Merkmale ihrer Wohnung erteilen und im Fall einer Verweigerung mit einem Bußgeld rechnen. Hiermit will der Gesetzgeber einer Verzerrung der Darstellung der Mietsituation auf dem Wohnungsmarkt vorbeugen. Denn bisher war die Teilnahme an Umfragen, mit denen die relevanten Daten für die Erstellung von Mietspiegeln erhoben werden, freiwillig. Dadurch hatten die Behörden letztlich kaum Einfluss auf die Anzahl der Teilnehmenden (Rückläuferquote) und die Repräsentativität der Erhebung - zwei wesentliche Bedingungen für gehaltvolle Ergebnisse. Messfehler konnten zum Beispiel dann entstehen, wenn sich in einem durchmischten Wohngebiet nur überwiegend Gutverdienende mit hohen Mieten beteiligten.

Um die Datengrundlage darüber hinaus zu verbessern, erhalten die verantwortlichen Behörden bzw. die von ihnen beauftragten Institute mehr Befugnisse zur Verarbeitung vorhandener Daten aus anderen Stellen. Darunter fallen etwa Daten aus dem Melderegister, bei der Verwaltung der Grundsteuer bekannt gewordene Daten sowie Daten aus der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus.

Mit der Festlegung von neuen Erhebungskriterien gehen jedoch keine Veränderungen der zeitlichen Gültigkeitsgrenzen einher. So bleibt es dabei, dass einfache Mietspiegel nach zwei Jahren an die Marktentwicklung anzupassen und qualifizierte Mietspiegel nach vier Jahren neu zu erstellen sind.

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